Eden’s Ritter: Paladins of Ecstasy ist Shiravunes zweite Lokalisationsarbeit nach Master Magistrate. Das von Waffle (bekannt hier durch Funbag Fantasy) entwickelte Dark-Fantasy-Eroge besticht auf den ersten Blick durch hohe Production Values wie eine Unmengen an CGs, vollständige Synchronisation und extrem unsittliche Hentai-Szenen. Aber hält es auch eine genauere Betrachtung stand oder handelt es sich nur um ein weiteres Nukige in einem bereits an billigen Pornospielen übersättigten Markt? Lasst uns einen näheren Blick auf das Spiel werfen und feststellen, warum Waffle in Erogekreisen einen so guten Ruf genießt.

Handlung

Eine unendlich erscheinende Armee an Lustfiends, Dämonen aus der Unterwelt mit einer äußerst starken Libido, überrennt das Königreich Ellerald.
Der heilige Baum Sephirot spricht zu Cecily in ihrer Not.

Ich würde auch gerne mal meine Wurzel in ihren heiligen Boden stecken.

Während Noein, Oberbefehlshaberin der Heiligen Garde Ellerands, an einen südlichen Außenposten abkommandiert wird, um dort die drohende Invasion der Lustfiends zu stoppen, bleibt Prinzessin Cecily allein im nun schwächer bewachten königlichen Schloss in der Hauptstadt Sephiram zurück.

Und in der Tat, Lustfiends dringen ins Schloss ein und bedrohen Cecily mit lüsternen Blicken. Doch in diesem Moment spricht der Heilige Baum Sephirot zu ihr, die Göttin Ellerands, und bietet ihr ihre Macht an. Doch das kommt mit einem Preis; diese Macht kommt mit vielen schweren Prüfungen, denn nur wer die Willenskraft hat, diese Prüfungen des Charakters zu bestehen, ist in der Lage, die göttliche Macht Sephirots einzusetzen. Doch Cecily hat keine Zweifel; als Prinzessin des Königreiches ist es ihre Pflicht, ihre Untertanen zu beschützen, koste es was es wolle!
Cecily nimmt die Macht an, nichts ahnend was für Prüfungen auf sie warten werden.

Willensstarke Heldinnen in meinem Nukige?! Sowas hab ich ja noch nie gesehen!

Fortan kämpft sie als Lucifel, eine Ritterin Edens, gegen die Scharen an Lustfiends und insbesondere deren stärkste Vertreter, den Xenomonstern; widerliche und mächtige Kreaturen, die durch ein verbotenes Ritual aus der Unterwelt in einen weltlichen Körper, beschworen worden und danach streben, die heilige Macht Edens aus Lucifel zu extrahieren.

Chuuni-Kämpfe wären nur halb so spaßig ohne das konstante Schreien von idealistischen Shounen-Phrasen.

Was Eden’s Ritter von anderen Vertretern des Genres unterscheidet, ist die Ernsthaftigkeit, mit der es seine Geschichte und ihre Charaktere entwickelt. Es wäre sehr leicht gewesen, aus dieser Prämisse eines von vielen Magical Girl-Corruption-Nukige zu machen, indem Lucifel ständig gegen ihre Widersacher verliert, dabei ihrer Lust erliegt und am Ende selbst als Lustfiend ihre Erfüllung findet, nachdem sie erkannt hat, dass es nichts Wichtigeres gibt als die Erfüllung der eigenen Gelüste. Aber während diese Alternative ständig wie eine böser Schatten über Lucifel hängt, der nur darauf wartet unsere heilige Ritterin in die Dekadenz zu ziehen, zeichnet sich Cecily durch die Charakterstärke aus, diesem Verlangen zu trotzen.

Die Balance zu halten zwischen Lust und Verantwortung ist eines der zentralen Themen der Geschichte.

Das hat einen nicht zu verachtenden Einfluss darauf, wie man die Geschichte rund um Edens Ritterinnen erlebt. Der Leser möchte nicht unbedingt, dass Lucifel ihren Feinden erliegt. Und so bleiben die Kämpfe spannend, die Entscheidungen, die man fällen muss, bedeutsam und das Ende der Handlung ungewiss. Wird Cecily am Ende beschützen können, was sie mit aller Kraft verteidigt? Wird ihr Volk ihr zur Seite stehen? Wird ihre Freundin Noein an ihrer Seite bleiben?

Eden’s Ritters größter Verdienst ist, dass der Leser mit den Heldinnen mitfiebert und ihr Abenteuer ernst nehmen kann — sich mit ihnen freuen könnte, wenn sie womöglich siegreich aus der Schlacht hervortreten mögen. Oder aber sie müssen einer Niederlage entgegenblicken, was beim Leser mit besonders großer Enttäuschung und Verzweiflung einher geht; etwas, was selbstverständlich die Unausweichlichkeit der darauf folgenden Hentai-Szene noch köstlicher machen würde.

Entscheide gut, Lucifels Ehre und Leben könnte davon abhängen.

Audiovisuelles

Dass die Story um Edens Ritterin Lucifel ernst genommen werden kann, liegt auch daran, mit was für hohen Production Values Waffle diese erzählt. Eden’s Ritter ist nicht nur voller hochqualitativer CGs, die sowohl Hentai-Szenen als auch Kampfszenen dynamisch mit vielen Effekten untermalen, sondern auch vollständig synchronisiert.

Wie meistens bei einer vollständigen Synchronisation stechen dabei besonders die männlichen Sprecher hervor. Allen voran die Stimme von Rudolf, dem Erzbischoff und de facto Anführer des königlichen Heers. Seine Betonung und Stimmgewalt lässt andere Figuren im Vergleich klein erscheinen und man fragt sich, warum der Sprecher seine Zeit mit einem Hentai-Spiel verbringt statt epische Anime zu vertonen.

Bitte bestrafe mich, Daddy! Ich habe gesündigt!

Aber auch die anderen männlichen Stimmen hinterlassen Eindruck, was beeindruckend ist, weil es sich bei den meisten anderen Stimmen nur um weniger wichtige Nebencharaktere handelt. Aber genau das ist es auch, was jedes Ereignis so eine Tragweite verleiht. In einem weniger hochwertigen Nukige wären NPCs unwichtige Randnotizen, nicht mehr als Statisten, die ihre Rolle in der Story der Hauptcharaktere zu spielen haben; z.B. als Zuschauer bei einer Hentai-Szene oder Opfer bei einem Monsterangriff, deren Tod niemand bemitleidet.

Eden’s Ritter ist anders. Wenn Lucifel zum Beispiel versucht einen ihrer Untertanen vor einem Monsterangriff zu retten, fiebern wir mit, ob sie es schafft oder nicht, genau, wie sie alles gibt, jeden einzelnen ihrer Leute zu retten. Und einer der Gründe, dass dies funktioniert, ist, dass selbst der unwichtigste Nebencharakter mit einer Professionalität vertont wird, die man bei anderen Spielen nicht mal bei den Hauptcharakteren erwarten würde.

Noein ist zwar nicht die Protagonistin, aber trotzdem eine wichtige Ritterin Edens.

Die weiblichen Stimmen stehen dem in Nichts nach. Großes Lob geht natürlich hier an Seiyuuveteranin Misonoo Mei, die den größten Teil des Spiels praktisch alleine trägt.

Es gibt einen Grund, warum ich in meinen Beschreibungen der Story den Fokus auf Cecily lege, obwohl sie das Cover mit Noein teilt. Obwohl Noein in der zweiten Hälfte der Handlung an Bedeutung gewinnt, ist Eden’s Ritter die Story von Cecily (wie der japanische Titel ebenfalls verdeutlicht) und es gäbe nicht viele Seiyuu, die so einer Verantwortung nachkommen könnten. Aber Misonoo Mei tut es und sie beweist einmal mehr, warum sie eine der wichtigsten Stimmen der Eroge-Szene ist.

Die anderen weiblichen Figuren sind ebenso sehr gut besetzt. Insbesondere fiel mir da Luxeria, die Assistentin von Rudolf, auf. Sie ist mysteriös, selbstsicher und doch treu ergeben denen, den sie Respekt zollt. Es passiert nicht oft, dass eine Stimme diese Dualität perfekt einfangen kann, aber Tachibana Kasumi tat es.

Kann man kaum widersprechen …

Einer der größten Fauxpas, die das Spiel dann macht, ist, dass man die Lautstärke dieses grandiosen Casts nicht einzeln regulieren kann. Das ist wirklich eine Schande, denn nicht jede Stimme hat die gleiche Dynamik. Ein paar der weiblichen Stimmen sind zu zart, als dass sie gegen die dominanten, männlichen Stimmen ankommen könnten, und ich wünschte, dass ich diesen ein bisschen mehr Volumen hätte geben können.

So viele Optionen, aber die wichtigste fehlt.

Wie bereits erwähnt, zeichnet sich Eden’s Ritter auch durch eine große Menge an Effekten und CGs aus. Der Soundtrack ist episch und zusammen mit den dynamisch eingeblendeten Kampf-Sprites und Angriffseffekten wirken die Duelle fast schon wie aus echten Chuuni-Novels wie Fate/Stay Night oder Dies Irae. Glücklicherweise sind auch die Assets in einer sehr hohen Auflösung, sodass wir diese Kämpfe in einer Qualität erleben können, die einiges über dem Durchschnitt liegt, den man sonst auf dem Eroge-Markt hat, besonders bei Nukige.

Gerade weil die Sprites so gut aussehen, stören die starken Zooms umso mehr, denn bei diesen sieht man die Kanteneffekte und einzelnen Pixel der zugrundeliegenden CGs sehr deutlich. Hier hätte ich mir gewünscht, dass für diese Momente extra herangezoomte Varianten der CGs erstellt worden wären.

Noein ist nicht nur traurig ob des Verrats ihrer besten Freundin, sondern auch, weil ihre Auflösung so klein ist.

Text und Lokalisation

Natürlich helfen Grafiken und Sound nichts, wenn der Text nicht den Ansprüchen genügen kann. Glücklicherweise war für das Script Smash Panda verantwortlich, ebenfalls ein Veteran in der Erogeszene, der mehrmals bewiesen hat, dass Dark Fantasy und Magical Girl Corruption ihm liegen.
Aber noch erwähnenswerter ist die Übersetzung seines Textes, für die Shiravune verantwortlich war.

Ach, so! Ich hab mich schon immer gefragt, was der Ausdruck bedeutet … (Die „Übersetzung“ des französischen Ausdrucks gab es im Originaltext nicht. Aber Shiravune hielt die Zielgruppe wohl für nicht clever genug selbst drauf zu kommen.)

Einer der größten Kritikpunkte, die ich bei vielen VN-Übersetzungen habe, ist, dass bei der Lokalisierung des japanischen Textes zu viel des “westlichen” Sprachgebrauchs hinein fließt. Beispielsweise indem Flüche oder Kraftausdrücke in das englische Script hineingeschrieben werden, obwohl die nicht im Original waren – mit der Begrüdnung, dass “westliche Jugendliche nunmal so sprechen”.

Das lässt sich sehr häufig auch auf die englische Übersetzung von erotischen Texten übertragen. Wo im japanischen nur von “asoko” (ein schüchternes “Na, du weißt schon …”, mit dem ein Mädchen auf die Region zwischen ihren Beinen deutet) die Rede war, wird für gewöhnlich in der englischen Übersetzung ein eindeutigeres “my pussy”. Und wo im japanischen eher von “Liebe machen” geredet wird, handelt es sich im englischen um ein notgeiles “Fuck me harder!”.
Ich hasse das, denn nicht nur entspricht das nicht der Realität (meiner Erfahrung nach muss man ein Mädchen erstmal eine ganze Weile bearbeiten, bevor sie sich zu Schmutzigsprech hinreißen lässt), es wird auch die Progression des mentalen Zustands der Heldinnen ignoriert. Es ist eine nicht zu leugnende Genugtuung, zu sehen, wie ein Mädchen, dass mal rein war, sich später so der Lust hingeben kann.

Eine Übersetzung, die die Fantasy anregt und nicht unnötig ins Vulgäre abdriftet.

Eden’s Ritters Übersetzung versteht das und übersetzt akkurat, was nicht zwangsweise bedeutet wortwörtlich, aber mit all diesen erotischen Nuancen intakt. Stellenweise sogar noch deutlicher als es im Japanischen war.
Besonders hilft auch das britische Englisch, dessen oft altmodisch klingende Begriffe perfekt in die mittelalterliche Fantasywelt passen.

Cecily redet anfangs von ihrem “bottom”, erst später, nachdem sie bereits etliche Schändigungen hinter sich hat, scheint sie den Respekt für ihren Körper verloren zu haben und redet von ihrem “ass”. Auch ihr “secret place” wird erst zur “pussy”, nachdem so viele Leute das Geheimnis bereits gesehen haben. Und das sind nur einige Beispiele.
Das ganze Script ist voll mit diesen Nuancen, die den Werdegang der Heldinnen implizit beschreiben.

Ebenfalls ist das einer der Gründe, warum wir so mit den Charakteren mitfiebern können. Der Leser möchte nicht unbedingt sehen, wie die Mädchen langsam aber sicher ihr moralisches Grundgerüst verlieren (oder doch?), aber ebenso erregend ist es, wenn eine dieser Grenzen überschritten wird.
Ein Eroge-Veteran wird sicherlich nicht sonderlich mit dem D zucken, wenn die Heldin selbst “dick” sagt. Aber wenn sie das erst nach einigen sexuellen Ereignissen tut, die ihre Sichtweise verändert haben, denn vorher wäre es ihr niemals in den Sinn gekommen so zu sprechen, dann macht dieser Moment einen viel stärkeren Eindruck, als wenn die Seiyuu bereits am Anfang ihr ganzes Repertoire von schmutzigen Begriffen offengelegt hätte.

Dem entgegen stehen die Monster, die stets genüsslich am Fluchen und Beleidigen sind, und so einen starken Kontrast zur feinen Sprechweise der Menschen oder der neutralen Beschreibung der Erzählung darstellen.

Hentai

Aber textliche Nuancen sind nicht alles, wenn es um die Erotik in Eroge geht. Eden’s Ritters Hentai-Szenen bieten eine enorme Vielfalt an verschieden Fetischen und untermalt diese alle mit extrem hochwertigen CGs.

Dank des Fantasy-Settings können wirklich auch die absurdesten Fetische bedient werden.

Die wahrscheinlich bekannteste Waffle-Serie im Westen ist Funbag Fantasy, welche ebenso hochwertige Grafiken und Sounds bietet, aber der es im Vergleich mit Eden’s Ritter an Abwechselt mangelt. Obwohl auch in Eden’s Ritter alle Damen gut bestückt sind, wird einem hier mehr geboten als nur üppige Oberweite. Von einfacheren Situationen wie Masturbation oder Yuri über zu erwartende, weniger einvernehmliche Zusammenstöße mit den Gegnern des Königreichs bis hin zu heftigen Szenen mit den Xenomonstern, die von Bestiality, über Folter, Ryona, Verspeisung bis hin zur Besamung und Monstergeburt reichen, bietet Eden’s Ritter alles, was der perverse Eroge-Fan sich wünschen könnte.

Bei so einem Angebot für echte Männer der Kultur fragt man sich, warum das Spiel denkt, es müsse den Scat standardmäßig deaktiviert haben. Also nicht vergessen in die Optionen zu gehen und diesen anzuschalten!

Ich sehe, was hier gemacht wurde …

Shiravunes Release kommt zusammen mit zwei Sidestories, die in Japan als Bonus und in der Special Digital Edition des Spiels enthalten waren. Dabei handelt es sich weniger um Sidestories als viel mehr um alternative Pfade in der Hauptroute. Praktisch sind es “Bad Ends”, für die es im Spiel an der jeweiligen Stelle keine Choice gab. Schade eigentlich, denn sie hätten sich besser in die Handlung und der Atmosphäre des Spiels eingereiht, wenn sie natürlich aus dem Spielfluss entstanden wären. So muss man sie aus dem Titelmenü heraus anklicken. Wer bereits andere Eroge, die ihre Hentai-Szenen in einem Extramenü ausgelagert haben, gespielt hat, weiß, wie sehr das der Immersion schädlich ist. Inhaltlich sind diese allerdings trotzdem top und setzen sogar noch auf die Szenen aus dem Hauptspiel einiges drauf.

Es ist ein bisschen langweiliger, wenn bereits im Vorhinein gesagt wird, dass es sich nur um Träume handele, aber nichtsdestotrotz geht es in ihnen ordentlich zur Sache.

Fazit

Als Shiravune damals Eden’s Ritter angekündigt hatte, war die Verwunderung groß. Nach Master Magistrate, einem Ace-Attorney-Klon, nun ein Nukige zu lokalisieren verwunderte viele. Auch passt es nicht so recht in das Portfolio der anderen gepublishten Lizenzen wie Utawarerumono und Marco & The Galaxy Dragon.

Spätestens nach dem Release von Salthe wird aber klar, dass Shiravune bei der Auswahl der zu lokalisierten Titel in keinster Weise nachgelassen hat. Egal ob Nukige oder nicht; Shiravune lokalisiert hochwertige Eroge — ohne zu diskriminieren, was den Inhalt angeht.
In gewisser Weise kommen sie damit dem Motto nach, welches auch die meisten Eroge-Fans haben: Ein gutes Eroge vereint Storytelling und Erotik harmonisch miteinander.

Eden’s Ritter steht diesem Anspruch in nichts nach. Für manche mag es ein Nukige sein, bei dem der Hentai der entscheidende Faktor ist. Und daran ist auch nichts falsch. Aber es ist zeitgleich auch so viel mehr: Ein düsteres Fantasy-Märchen, mit Magical Girls und Shounen-/Chuuni-Kämpfen. Eden’s Ritter repräsentiert die qualitativ hochwertigste Form von Nukige, die Japan zu bieten hat.
Damit bringt Shiravune wieder einmal ein japanisches Produkt in den Westen, dessen Inhalte auf dem westlichen Visual Novel-Markt bisher noch viel zu wenig vertreten waren.

Unterstützt Edens Ritterinnen auf ihrer heiligen Mission!

Eden’s Ritter: Paladins of Ecstasy ist der erste Teil von Waffles Eden’s Ritter-Serie; Lucifels Kapitel. Der zweite Teil, Hildegards Kapitel, ist 2019 in Japan erschienen. Hoffen wir, dass Shiravune das Sequel auch bald in den Westen bringen wird.

Tyr

Tyr hat sich einen Namen in der internationalen VN-Szene als Redner, Journalist und Übersetzer gemacht.

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